Die Watzmänner besteigen König Ortler, den höchsten Berg Südtirols
Der Ortler ist mit seinen 3.905 Metern der höchste Berg Südtirols. Vom Reschensee bereits gut sichtbar und mit seiner großartigen Lage und Form gehört König Ortler zu den herausragenden Zielen in den Alpen. Zahlreiche Kletterrouten führen seit der Erstbesteigung im Jahre 1804 zum Gipfel des Ortlers hinauf, die allesamt als recht schwierige Hochtouren einzustufen sind. Ausgangspunkt des Normalwegs auf den Gipfel ist die nördlich der Tabarettaspitze gelegenen Payerhütte auf 3.029 Metern Seehöhe.
Als wir am 20.07.2020 im 1.900 Meter hoch gelegenen Sulden angekommen waren, stiegen wir in 2,5 Stunden zur Düsseldorfer Hütte auf. Auf 2.721 Metern ist sie traumhaft gelegen und bietet einen sagenhaften Blick auf Ortler 3.905 m, Königsspitze 3.859 m und Monte Zebru 3.735 m. Um uns gut zu akklimatisieren, hielten wir uns auf der Düsseldorfer Hütte zwei Tage auf. Am Morgen des 2. Bergtages bestiegen wir, über den Südwandklettersteig, ein Eisenweg der Kategorie C, die 3.375 m hohe Tschenglser Hochwand. Inklusive der Gipfelrast benötigten wir hin- und zurück etwa 4,5 Std. Nach einer weiteren angenehmen Nacht, bei gutem Essen und einem sehr freundlichen Hüttenpersonal, ging es am 22.07. wieder runter nach Sulden. Da wir in Sulden unser Auto stehen hatten, mussten wir nicht das komplette Equipment im Rucksack mitführen, sondern konnten nun unsere Hochtourenausrüstung einpacken und alles Überflüssige zurücklassen.
Am 4. Bergtag begann von der 3.029 hoch gelegenen Payerhütte der Sturm auf den Gipfel
Auf der gegenüberliegenden Talseite, via Langenstein-Sessellift und Tabarettahütte (2.556 m) erreichten wir gegen 15:30 Uhr die 3.029 Meter hoch gelegene Payerhütte, dem Ausgangspunkt der Gipfelbesteigung. Hier trafen wir auf unsere zwei Bergführer, Roland Wimmer und Kurt Ortler, von der Alpinschule Ortler in Sulden.
Am nächsten Morgen, kurz nach 5:00 Uhr, begann der Aufstieg zum Gipfel. Gleich an der Payerhütte erwartete uns mit dem so genannten "Felsenweg" die erste von vielen Kletterpassagen. Ein gut griffiges Gelände, vorbei an der Westflanke der 3.128 Meter hohen Tabarettaspitze wurde im II. Grad durchstiegen. Über luftige Gratkletterei gelangten wir ans Tschierfeckwandl. Eine 60 m hohe Steilwand, die im III. Grad zu klettern war.
Nach 965 zu bewältigenden Höhenmetern standen die Bergkameraden auf dem 3.905 Meter hohen Gipfel des Ortlers
Nach dem Tschierfeckwandl wurde der Gratrücken etwas breiter. Das Gelände sah auf den ersten Blick einfach aus, entpuppte sich aber als sehr ausgesetzt, bis wir schließlich auf einer Seehöhe von 3.145 Metern den Gletscherrand erreichten. Nachdem wir die Steigeisen angelegt hatten, ging es stetig nach oben, bevor sich uns ein erster Eisaufschwung in die Quere stellte, dass so genannte Bärenloch. Es ist ein 40 Grad steiler Hang, der hinauf bis zum 3.350 Meter hohen Lombardi-Biwak führt. Über weitere steile Gletscherpassagen, die eigentlich durch große Spalten gekennzeichnet sind - da noch sehr viel Schnee lag, sah man fast keine, was sehr trügerisch ist - erreichten wir das Ortler-Plateau auf 3.800 m Höhe. Schlussendlich standen wir, kurz nach 8:00 Uhr und nach 965 zu bewältigenden Höhenmetern, auf dem 3.905 Meter hohen Ortler-Gipfel.
Der Abstieg über die Aufstiegsroute hinab zur Payerhütte entpuppte sich als ein kräftezehrendes Unterfangen
Der Abstieg führte über die gleiche Route zurück zur Payerhütte. Da der Schnee nun erheblich aufgeweicht war, entpuppte sich auch der Rückweg zu einem sehr kräftezehrenden Unterfangen. Die Hütte erreichten wir wieder gegen 11:15 Uhr, wo wir nochmals übernachteten. Das diese grandiose und schwierige Hochtour für uns ein Erfolg wurde, lag an den optimalen Wetterbedingungen und den beiden erfahrenen Bergführern Roland und Kurt. Unser erster Versuch den Gipfel zu erreichen scheiterte 2017 an der Payerhütte, da es über Nacht 20 cm Neuschnee gab, was eine Besteigung unmöglich machte.
Autor und Fotograf: Helmut Seiwert